Engagement

Aus der Region, für die Region

Fernab vom Lärm der Welt hat der Zuger Heimatschutz rund 30 Interessierten die «Wunden und Narben» Chams – sprich das Gebiet des Kiesabbaus in Hatwil-Hubletzen – gezeigt. Die Führung im Vorfeld der vorgesehenen Richtplananpassung, die der Kantonsrat demnächst beraten wird, hat einige Fragen aufgeworfen.

Müssen Zuger Bauten mit Zuger Kies erstellt werden? Gibt es keine alternativen Baustoffe zur Befriedigung unserer Baulust? Recyclingmaterial ist ja vorhanden; kann dieses nicht oder nur beschränkt verwendet werden? Ist Kies aus den Nachbarkantonen weniger geeignet? Wenn ja, wieso konnten einzelne Kiesförderfirmen, die im Oberland, in Menzingen und Neuheim tätig waren, über Jahre hinweg Lastwagen um Lastwagen in den benachbarten Kanton Zürich ausliefern? Weil nichts über Zuger Kies geht? Schlägt die Ökobilanz beim Vergleich von Kiestransporten aus bestehenden ausserkantonalen Gruben mit der Eröffnung neuer Gruben in unserem Kanton wirklich zugunsten neuer Gruben im Zugerland aus? Ist das Ausbruchmaterial von Tunnelbauten, beispielsweise vom neuen Gotthardloch, so ungeeignet für unseren Hoch- und Tiefbau, dass damit vorzugsweise neue Inseln im Vierwaldstättersee geschüttet werden sollten? Oder benötigen wir die neuen Gruben gar nicht zur Förderung des Rohstoffs Kies, sondern vielmehr, weil wir neue Deponien brauchen, um den Aushub, ein Beifang unserer regen Bautätigkeit, irgendwo ablagern zu können? Zum Schluss, wem gehört eigentlich dieses graue Gold, das zu fördern Unternehmen sich reissen; dem Grundeigner, der Förderfirma oder aber dem Kanton und damit der Gemeinschaft der Bewohnerinnen und Bewohner?

Bereits über viele Jahrzehnte wurde an verschiedenen Stellen im Kanton Zug Kies abgebaut. Die grössten Kiesgruben fanden sich in der bereits erwähnten Moränenlandschaft Oberland, in den Gemeinden Menzingen und Neuheim, in einem Gebiet notabene, das vom Bund als besonders schützenswert ins Bundesinventar der schützenswerten Landschaften und Naturdenkmäler aufgenommen wurde (BLN-Gebiet 1307 Glaziallandschaft Oberland). Nun sind die Reserven in der postglazialen Drumlinlandschaft erschöpft und die Abbaufirmen sind in erster Linie noch damit beschäftigt, im Sinne der geforderten Wiederherstellungsmassnahmen eine dem Original möglichst ähnliche Sekundärlandschaft zu modellieren. Für das hierfür benötigte Deponiematerial, welches in unserem kleinen Ländchen der regen Abriss- und Bautätigkeit zufolge in grossen Mengen vorhanden ist, erhalten die Firmen sicherlich ausreichende Entschädigungen. – Gibt der Berg nichts mehr her, muss im Tal nach weiteren Abbaugebieten gesucht werden. Ebenfalls seit vielen Jahren wird auch in der Gemeinde Cham Kies abgebaut. Nach dem Wegfall wichtiger anderer Abbaugebiete erhöht sich nun aber der Druck der Kies- und Deponiewirtschaft, die Abbaugebiete in Cham erheblich auszudehnen. Im Gebiet Hatwil/Hubletzen sollen 57 Hektaren Landwirtschaftsland und Wald für den Kiesabbau bereit gestellt werden. Die Landschaft um Hatwil ist indes auch Bestandteil einer kantonalen wie auch einer kommunalen Landschaftsschutzzone und überdies Teil des BLN-Gebietes 1305 (Reusslandschaft). Sie birgt reichhaltige Grundwasservorhaben und beherbergt überdies mehrere speziell ausgeschiedene Naturschutzgebiete.

Demnächst wird der Zuger Kantonsrat beurteilen müssen, ob der Bedarf nach mehr einheimischem Kies die Zonierung weiterer Abbaugebiete zu rechtfertigen vermag. Noch diesen Herbst wird er über den abgeänderten Richtplan Kiesabbau entscheiden müssen, damit verbunden über das Schicksal der erwähnten Landschaft Hatwil/Hubletzen in der Gemeinde Cham. Dabei dürfte sich der eine oder andere wohl auch die eingangs formulierten Fragen stellen. Etwas plakativ könnte man diese auf die Frage reduzieren, ob mit dem verkaufsträchtigen Ohrwurm der Migros «Aus der Region, für die Region» ein Eingriff in eine wertvolle und bis dato weitgehend unbelastete Landschaft, wie geplant, wirklich gerechtfertigt werden kann.