Momentan stehen im Kanton Zug 540 Gebäude unter Denkmalschutz. Das entspricht 2,2 Prozent des Gebäudebestandes. Als schützenswert sind 1464 Gebäude in einem Inventar aufgeführt, was ca. 6 Prozent des gesamten Gebäudebestandes entspricht. Davon sind ca. 200 Gebäude jünger als 70 Jahre. Ob inventarisierte Bauten geschützt werden, wird erst dann genau geprüft, wenn eine bauliche Veränderung geplant ist. (Zahlen entsprechen dem Stand 22. August 2018).
Unser baukulturelles Erbe ist Teil unserer Umwelt, touristisches Kapital, besitzt einen hohen wissenschaftlichen Wert, erzählt Geschichten, weckt Erinnerungen, stiftet Heimat und Identität und spielt eine wichtige Rolle, damit wir uns in unserem Kanton weiterhin wohl und zu Hause fühlen. Die Denkmalpflege schaut im Auftrag von uns allen dafür, dass diesem baukulturellen Erbe Sorge getragen wird.
Im Kantonsrat wurde das Denkmalschutzgesetz wie ein klassisches Rechts-Links Thema behandelt: Die linke Regierungsrätin hat die Anliegen der Denkmalpflege vertreten, die Mitte und die Rechte war grossmehrheitlich dagegen. Auch bei den Abstimmungen widerspiegeln sich hauptsächlich die politischen Mehrheiten. Die Sachfragen wurden viel weniger diskutiert. Baukultur ist aber kein linkes Anliegen. Das Bewusstsein um unsere Herkunft betrifft uns alle. Für die Abstimmung ist es von zentraler Bedeutung, in der Bevölkerung dafür eine Mehrheit zu gewinnen, unabhängig davon aus welchem politischen Lager man kommt. Nur wenn es gelingt, die Diskussion um die Bedeutung unseres baukulturellen Erbes auf eine fachliche und emotionale Ebene zu bringen, kann der Abstimmungskampf gewonnen werden.
4.1 Die Anforderungen, damit ein Objekt unter Schutz gestellt werden kann, sind übertrieben verschärft worden. Neu muss ein potentielles Schutzobjekt nicht mehr nur einen sehr hohen wissenschaftlichen, kulturellen oder heimatkundlichen Wert haben, sondern einen äusserst hohen Wert besitzen. Im Weiteren müssen zwei dieser drei Anforderungen kumulativ erfüllt werden. Was auf den ersten Blick wie eine sprachliche Wortklauberei erscheint, ist in seiner rechtlichen Durchsetzung ein Verschärfung, welche zur Folge hat, dass kaum mehr ein Objekt neu unter Schutz gestellt werden kann. Dazu trägt insbesondere die kumulative Anforderung bei.
Die neu formulierten Anforderungen sind dermassen hoch, dass auch bereits unter Schutz gestellte und teilweise mit Beitragszahlungen von Kanton und Gemeinden umgebaute Gebäude, diesen nicht mehr zweifelsfrei standhalten würden. In Kenntnis von rechtlichen Gutachten, welche aufzeigen, dass auch bereits unter Schutz gestellte Objekte auf Grund von Wiedererwägungsgesuchen aus dem Schutz entlassen werden müssten, hat der Kantonsrat diese unangemessene Verschärfung beschlossen.
4.2 Objekte, die jünger als 70 Jahre sind (aktuell Gebäude mit Jahrgang 1949), sollen nicht mehr gegen den Willen des Eigentümers unter Schutz gestellt werden können. Eine Ausnahme zu dieser Regel gilt nur dann, wenn sie von nationaler oder regionaler Bedeutung sind. Weder wissenschaftliche, kulturelle, noch heimatkundliche Werte, welche ein Denkmal definieren, kennen ein Mindestalter. Viel massgeblicher ist dabei unabhängig des Alters die effektive Qualität und das öffentliche Interesse an ihrem Erhalt. Die Entscheidung, ob ein Gebäude von lokaler, regionaler oder nationaler Bedeutung ist, dürfte in der Praxis sehr schwierig zu entscheiden sein.
Sollte das so überarbeitete Gesetz rechtsgültig werden, hätte dies für eine ganze Generation von Architektur verheerende Folgen. Es gibt keinen fachlichen Grund, die moderne Architektur in Bezug auf ihren Wert als Zeitzeugen anders zu beurteileln als die Bauten älterer Generationen. Gerade im Kanton Zug, wo die wirtschaftliche Prosperität mit einer anhaltend grossen Bautätigkeit einhergeht, würde der Druck auf wichtige Zeitzeugen der Nachkriegsmoderne enorm gross werden und die Denkmalpflege hätte kein Instrument mehr um entsprechend einzugreifen.
4.3 Auf Antrag der Regierung wurde die Denkmalkommission abgeschafft. Die Kommission ist breit abgestützt, hat Mitglieder mit grossem Fachwissen, aber auch vertreten. Gerade vor dem Hintergrund, dass mit der Gesetzesänderung die Denkmalpflege mehr im Sinne der Bevölkerung umgesetzt werden soll, scheint die Abschaffung derjenigen Kommission, welche die demokratisch abgestützte Umsetzung kontrolliert, sehr fragwürdig. Regierungsratsentscheide auf Grund einer Empfehlung durch die Denkmalkommission sind viel stärker legitimiert. Den Interessengruppen (Hauseigentümer und Fachverbänden) bleibt künftig nur der Weg über Einsprachen, ihre Interessen wahrzunehmen. Es sind mehr Streitfälle und unnötige Rechtsfälle zu befürchten.
4.4 Der zentrale Schutzgedanke wird im neuen Denkmalschutzgesetz massgeblich gelockert. Vergleichbar mit anderen Bau- und Umweltgesetzen wird im Denkmalschutzgesetz ein öffentliches Interesse und dessen Durchsetzung definiert. Im vorliegenden Gesetz werden die Interessen des Eigentümers so stark gewichtet, dass das öffentliche Interesse nur ungenügend durchgesetzt werden kann und der Schutzgedanke verloren geht.
Die Initianten des Referendums haben nach der zweiten Lesung im Kantonsrat vom 31. Januar 2019 bis zum 9. April 2019 Zeit, 1500 beglaubigte Unterschriften von stimmberechtigten Zugern und Zugerinnen zusammenzutragen. Werden diese rechtzeitig eingereicht, wird die Bevölkerung darüber entscheiden können, ob das vom Kantonsrat verabschiedete Gesetz rechtskräftig wird. Das genaue Datum der Abstimmung wird vom Regierungsrat festgelegt und dürfte voraussichtlich im Herbst 2019 sein. Entscheidet sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen das vorliegende Gesetz, bleibt das heute gültige Gesetz in Kraft.